Rückforderung von Verlusten aus Online-Glücksspielen – BGH stärkt Rechte der Spielerinnen und Spieler
In den letzten Jahren sind in Deutschland viele Verbraucherinnen und Verbraucher durch Online-Casinos und Sportwettenangebote mit teils erheblichen Verlusten konfrontiert worden. Häufig wussten sie nicht, dass diese Angebote in Deutschland gar nicht erlaubt waren.
Mittlerweile hat sich die Rechtsprechung grundlegend gewandelt. Sowohl der Bundesgerichtshof als auch mehrere Oberlandesgerichte haben entschieden:
Unter bestimmten Voraussetzungen können Spielerinnen und Spieler ihre Verluste aus illegalem Online-Glücksspiel zurückfordern.
In diesem Beitrag erklären wir Ihnen, wann eine Rückforderung möglich ist, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen und wie Sie prüfen können, ob sich ein Vorgehen in Ihrem Fall lohnt.
Sind Sie betroffen? – Kurzer Selbsttest
Beantworten Sie die folgenden Fragen mit Ja oder Nein:
- Haben Sie zwischen 2018 und 2022 an Online-Casinos oder Sportwetten teilgenommen?
- War der Anbieter nicht in Deutschland lizenziert, sondern z. B. in Malta, Gibraltar, Curacao oder Zypern ansässig?
- Haben Sie Ihre Einsätze über ein deutsches Bankkonto oder per Kreditkarte gezahlt?
- Wussten Sie nicht, dass das Online-Angebot in Deutschland verboten war?
- Beträgt Ihr Verlust mehr als 500 €?
Wenn Sie mehrere dieser Fragen mit „Ja“ beantworten, stehen die Chancen gut, dass Sie Ihre Verluste ganz oder teilweise zurückfordern können.
Warum Rückforderungen möglich sind
Nach deutschem Recht sind Verträge nichtig, wenn sie gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen. Bis zum Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags (GlüStV 2021) im Juli 2021 war das Anbieten von Online-Glücksspielen in Deutschland grundsätzlich verboten. Viele Anbieter verfügten weder über eine deutsche Lizenz noch über eine wirksame Erlaubnis für den deutschen Markt.
Folge: Einzahlungen von Spielerinnen und Spielern erfolgten ohne rechtliche Grundlage. Anbieter durften das Geld nicht behalten. Spieler können deshalb die Rückzahlung ihrer Verluste verlangen.
Aktuelle Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs
Mit Beschluss vom 22. März 2024 (Az. I ZR 88/23) hat der Bundesgerichtshof (BGH) die Rechtslage zugunsten der Betroffenen klargestellt:
- Online-Glücksspielangebote ohne deutsche Lizenz sind rechtswidrig.
- Verträge zwischen Anbieter und Spieler sind unwirksam.
- Der Spieler kann Rückzahlung der Verluste verlangen.
- Der Anspruch entfällt nicht automatisch, nur weil der Spieler am verbotenen Glücksspiel teilgenommen hat.
Der BGH stellte ausdrücklich fest, dass § 817 S. 2 BGB nur dann greift, wenn der Spieler wissentlich gegen das Verbot verstoßen hat. Da viele Anbieter ihren Sitz im Ausland hatten und den legalen Status ihrer Angebote bewusst verschleierten, kann diese Kenntnis in der Praxis meist nicht nachgewiesen werden.
Auch die Oberlandesgerichte – unter anderem Karlsruhe, Frankfurt und Dresden – haben Rückforderungen in vergleichbaren Fällen bejaht. Damit zeichnet sich eine verbraucherfreundliche Rechtsprechungslinie ab.
Welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen
Ob ein Rückforderungsanspruch besteht, hängt im Wesentlichen von folgenden Punkten ab:
- Fehlende deutsche Lizenz: Der Anbieter besaß keine gültige Lizenz einer deutschen Glücksspielaufsicht.
- Zahlungen aus Deutschland: Die Einsätze erfolgten von einem deutschen Konto oder einer deutschen Kreditkarte. So ist klar, dass deutsches Recht anwendbar ist. 3. Keine Kenntnis der Illegalität: Wer nicht wusste, dass das Angebot verboten war, kann sich auf den Schutzgedanken des Glücksspielverbots berufen.
- Keine Verjährung: Rückforderungsansprüche verjähren in der Regel nach drei Jahren.
- Nachweis der Zahlungen: Kontoauszüge, Transaktionslisten oder Bestätigungen des Zahlungsdienstleisters dienen als Beleg.
Wann sind Rückforderungsansprüche noch nicht verjährt?
Viele Betroffene befürchten, dass ihre Ansprüche bereits verjährt sein könnten. Tatsächlich besteht jedoch oft noch die Möglichkeit einer Rückforderung.
Die Verjährungsfrist beträgt grundsätzlich drei Jahre, beginnt aber erst, wenn Sie wissen, dass das Glücksspiel illegal war und Sie Ihr Geld zurückfordern können. Da vielen Spielerinnen und Spielern diese Rechtslage erst durch die jüngsten Gerichtsentscheidungen bekannt wurde, laufen die Fristen häufig erst seit Kurzem.
In vielen Fällen sind daher auch Verluste aus den Jahren 2019 bis 2021 noch nicht verjährt. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte den eigenen Fall zeitnah anwaltlich prüfen lassen, um Fristen zu wahren.
Warum anwaltliche Unterstützung sinnvoll ist
Anbieter versuchen häufig, Rückforderungen mit unterschiedlichen rechtlichen Argumenten abzuwehren. Die Durchsetzung der Ansprüche erfordert daher fundierte rechtliche Argumentation und genaue Kenntnis der aktuellen Rechtsprechung. Eine anwaltliche Vertretung hilft, die Ansprüche rechtssicher, effizient und mit Nachdruck geltend zu machen – zunächst außergerichtlich, gegebenenfalls auch vor Gericht.
Was Betroffene jetzt tun sollten
Wer Verluste erlitten hat, sollte den eigenen Fall zeitnah prüfen lassen. Ein systematisches Vorgehen ist dabei entscheidend:
- Belege sichern: Kontoauszüge, E-Mails und Zahlungsnachweise dokumentieren die Einsätze.
- Anbieter identifizieren: Häufig stehen hinter bekannten Plattformen komplexe Konzernstrukturen. Eine anwaltliche Prüfung klärt, gegen wen sich Ansprüche richten.
- Rechtliche Prüfung: Es sollte geprüft werden, ob der Anbieter zum Zeitpunkt der Spieleinsätze tatsächlich keine deutsche Lizenz hatte.
- Verjährung prüfen: Rechtzeitig handeln, um den Anspruch zu sichern.
- Anspruch durchsetzen: Zunächst außergerichtlich – notfalls gerichtlich. Viele Anbieter reagieren bereits nach anwaltlicher Aufforderung.
Fazit – Gute Aussichten für betroffene Spieler
Die aktuelle BGH-Rechtsprechung stärkt die Rechte von Spielerinnen und Spielern erheblich. Wer bei einem nicht lizenzierten Anbieter gespielt hat und nicht wusste, dass dies verboten war, kann in vielen Fällen die Rückzahlung seiner Verluste verlangen. Da zahlreiche Ansprüche zum Jahresende verjähren, sollte die Prüfung zeitnah erfolgen.
Sollten Sie bei der Beantwortung des obenstehenden Fragenkatalogs festgestellt haben, dass Sie eine oder mehrere Fragen mit „Ja“ beantwortet haben, kann sich eine detaillierte rechtliche Prüfung Ihres Falles lohnen.
Schreiben Sie uns hierzu gerne eine E-Mail und fügen Sie, sofern möglich, Ihre Antworten aus dem Fragenkatalog sowie vorhandene Unterlagen (z. B. Kontoauszüge oder Zahlungsnachweise) bei. Wir prüfen anschließend, ob in Ihrem konkreten Fall eine Mandatsübernahme in Betracht kommt.