Aktuelle Rechtsprechung zum Verkehrsrecht

1. Die Betriebsgefahr des vom Geschädigten geführten Kfz. tritt vollständig zurück, wenn der Schädiger die Fahrspur unter Verstoß gegen seine Pflichten aus § 7 Abs. 5 StVO wechselt.

2. Eine Mithaftung des Geschädigten kommt nur in Betracht, wenn der Schädiger Umstände nachweist, die ein Mitverschulden des Geschädigten begründen.

      LG Dessau-Roßlau vom 01.06.2012

Geschwindigkeitsmessungen mit dem Messgerät der Firma ESO, ES 3.0 (Software-Version 1.002 oder 1.003), welches von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) nach eingehender Überprüfung in Kenntnis aller technischen Details die Messwertbildung betreffend zugelassen ist, erfüllen die Voraussetzungen eines standardisierten Messverfahrens, soweit sie nach den Vorgaben des Herstellers und der PTB auf Grundlage der betreffenden Zulassung erfolgen, auch wenn der Hersteller nicht sämtliche technischen Daten zur Messwertbildung offenlegt, so dass, wenn eine ordnungsgemäße Messung in Zweifel gezogen wird, konkrete Anhaltspunkte – orientiert an den Richtlinien des Herstellers und der PTB – für eine etwaige Fehlmessung vorgetragen werden müssen.

      AG Saarbrücken vom 25.05.2012

1. Nach einem unverschuldeten Verkehrsunfall trifft den Geschädigten nicht die Obliegenheit, seine eigene Vollkaskoversicherung in Anspruch zu nehmen, um die Reparaturkosten vorzufinanzieren.

2. § 14 RVG gestattet es nicht, eine Gebühr gemäß Nr. 2300 RVG-VV von mehr als 1,3 zuzusprechen, wenn nicht die die Tätigkeit des Rechtsanwalts umfangreich oder schwierig war.

      AG Halle (Saale) 24.05.2012

Haftung bei Verkehrsunfall: Sturz eines Motorradfahrers auf Rollsplitt in einer Kurve als unabwendbares Ereignis

Der Sturz eines Motorradfahrers auf einer mit Rollsplitt abgestreuten Straßenstelle war nicht unabwendbar i.S.v. § 17 Abs. 3 StVG, wenn ein anderer Motorradfahrer, der einige Zeit vorher die Unfallstelle passiert hatte, trotz des Rollsplitts einen Sturz vermeiden konnte. Zudem bedeutet die Feststellung von „schwer erkennbarem“ Rollsplitt gerade nicht, dass man den Rollsplitt selbst bei äußerst möglicher Sorgfalt nicht rechtzeitig erkennen konnte, sondern dass ein Fahrer den Splitt bei entsprechend erhöhter Aufmerksamkeit bemerkt, seine Geschwindigkeit drosselt und entsprechend langsam (15 km/h) um die Kurve fährt. Die unter Einbeziehung der Betriebsgefahr zu einem Mitverschulden von 30 % festgestellte Quote ist dann zutreffend.

      OLG München 1. Zivilsenat; 07.05.2012

Verkehrssicherungspflicht des Straßenbaulastträgers: Großes Schlagloch auf einem vom Verkehrssicherungspflichtigen selbst empfohlenen Radweg

Ein Schlagloch mit einer Größe von etwa 75 x 55 cm und einer Tiefe von etwa 5 cm, das sich zudem auf einer kurvenreichen Gefällestrecke auf einer vom Verkehrssicherungspflichtigen selbst als Radweg empfohlenen Straße befindet, begründet den Vorwurf der Verkehrssicherungspflichtverletzung.

      OLG München 1. Zivilsenat, 07.05.2012

Einziehung abgetretener Mietwagenforderungen als erlaubnisfreie Rechtsdienstleistung des Mietwagenunternehmers

1. Die Einziehung einer an ein Mietwagenunternehmen abgetretenen Schadensersatzforderung des Geschädigten auf Erstattung von Mietwagenkosten ist gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1 RDG grundsätzlich erlaubt, wenn allein die Höhe der Mietwagenkosten streitig ist.

2. Etwas anderes gilt, wenn die Haftung dem Grunde nach oder die Haftungsquote streitig ist oder Schäden geltend gemacht werden, die in keinem Zusammenhang mit der Haupttätigkeit stehen (Rn.8).

      BGH 6. Zivilsenat 31.01.2012

       Für weitere Informationen zu diesem Fachgebiet wenden Sie sich bitte an:Rechtsanwalt Stephan Kersten