Fazit vorab:

Der Anspruch einer Bank auf Zahlung von sog. Vorfälligkeitsentschädigung entfällt vollständig, wenn die Angaben der Bank über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung im Falle der vorzeitigen Rückzahlung des Kredits nicht klar und verständlich sind.

Hierzu hat der BGH ein Urteil des OLG Frankfurt am Main bestätigt.

Was war passiert?

Der Kläger erhielt von der beklagten Bank zwei Immobiliardarlehen in Höhe von 245.520,00 € und 50.000,00 €. Aufgrund seiner schlechten wirtschaftlichen Lage teilte er der Bank mit, dass er die Darlehen vorzeitig kündigen müsse, woraufhin er die Antwort erhielt, dass es einer Kündigung nicht bedarf, wenn er die finanzierte Immobilie weiter veräußert. Denn die Bank sei in diesem Fall gesetzlich dazu verpflichtet, ihn – unter Anrechnung der Vorfälligkeitsentschädigung – aus dem Darlehen zu entlassen.

Die Darlehensverträge enthielten in Bezug auf die Vorfälligkeitsentschädigung u. a. folgende Angaben:

„[…]Zunächst ermittelt die Bank unter Berücksichtigung etwa vertraglich vereinbarter Sondertilgungsrechte wann und in welcher Höhe Zahlungen vom Darlehensnehmer zu entrichten gewesen wären, wenn das Darlehen fortgeführt worden wäre. In einem weiteren Schritt ermittelt die Bank, welchen Betrag sie zum vorgesehenen Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, damit der Bank der vereinbarte Betrag zum vorgesehenen vertraglichen Fälligkeitstermin der jeweiligen ausstehenden Rate zur Verfügung stehen würde. Dabei differenziert die Bank wie folgt: Soweit Pfandbriefe mit entsprechenden fristen-kongruenten Laufzeiten vorhanden sind, legt die Bank für die Verzinsung des vorzeitig zurückgezahlten Darlehenskapitals die Zinssätze der entsprechenden am Kapitalmarkt verfügbaren Hypothekenpfandbriefe zugrunde. Die Summe der so ermittelten Anlagebeträge abzüglich des noch nicht zurückgezahlten Darlehensbetrages stellt die Ausgangssumme der Vorfälligkeitsentschädigung dar. […]“

Im Zuge des sich anschließenden Verkaufs berechnete die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung von insgesamt 21.544,15 €, der zusammen mit dem noch offenen Restdarlehensbetrag aus dem Verkaufserlös gezahlt wurde.

Der Kläger erhob anschließend Klage auf Rückzahlung der Vorfälligkeitsentschädigung u.a. mit der Behauptung, dass die Beklagte ihren Informationspflichten nicht ausreichend nachgekommen sei und der Anspruch deshalb nicht besteht.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen.

Begründung des OLG:

Mit der Berufung verfolgte der Kläger sein erstinstanzliches Ziel weiter. Der 17. Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt am Main hat der Klage stattgegeben.

Die Rückzahlung des begehrten Betrages stehe dem Kläger deshalb zu, weil die Bank nicht klar und verständlich über die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung informiert habe, wie es das Gesetz in § 502 Abs. 2 Nr. 2 BGB vorsehe.

Das Gericht hat festgestellt, dass der Vertragstext der Bank in Bezug auf die Berechnungsmethode der Vorfälligkeitsentschädigung unverständliche und unklare Angaben enthielt. In dem oben wiedergegebenen Vertragsausschnitt ist nämlich angegeben, dass in Bezug auf die Ermittlung, welchen Betrag die Bank bis zum Zeitpunkt der vorzeitigen Rückzahlung anlegen muss, differenziert werde. Mit dieser Formulierung erwarte der Verbraucher eine Beschreibung dieser differenzierten Vorgehensweise, die im weiteren Vertragstext jedoch nicht erfolgt.

Hierbei handele es sich auch nicht um ein offensichtliches Schreibversehen, dass zur Unbeachtlichkeit führen würde. Der Verbraucher könne zwar erkennen, dass die Regelung unvollständig sei, er könne jedoch die Lücke nicht selbstständig füllen, weil es an der notwendigen Informationsvermittlung mangele. Wegen der insgesamt unzureichenden Information des Verbrauchers stehe der Bank der Anspruch auf die Vorfälligkeitsentschädigung deshalb nicht zu.

Was hat der BGH gesagt?

Der Bundesgerichtshof (BGH – XI ZR 320/20) hat nun dieses Berufungsurteil bestätigt, indem die von der unterliegenden Bank erhobene Nichtzulassungsbeschwerde zurückgewiesen wurde.

Welche Bedeutung hat diese Entscheidung für Darlehensnehmer?

Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass nicht nur die korrekte Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung, sondern auch die korrekte Aufklärung der Verbraucher fehleranfällig ist und die Kreditinstitute immer wieder vor neue Herausforderungen stellen. Fehler an dieser Stelle schließen den Anspruch der Banken auf die Vorfälligkeitsentschädigungen aus!

Das Urteil hat, insbesondere nach der Stärkung durch den Bundesgerichtshof, Signalwirkung für alle künftigen Fälle rundum die Vorfälligkeitsentschädigung. Auch wenn diese bereits gezahlt wurde gilt daher, dass sich eine nachträgliche Überprüfung der Vorfälligkeitsregelungen des Bankvertrages für den Kreditnehmer lohnen könnte.


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