Das Nachweisgesetz (NachwG) ist kein neues Gesetz, es existiert schon seit 1995, jedoch ist es wenig bekannt. Das Gesetz regelt, wie Sie als Arbeitsgeber Ihre Arbeitnehmer über die geltenden Arbeitsbedingungen informieren. Der Bundestag hat die Neufassung im Juli 2022 verabschiedet, welche am 01. August 2022 in Kraft getreten ist.

Grund für die Änderung war die europäische Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen (EU-Richtlinie 2019/1152 – Arbeitsbedingungen-Richtlinie) aus dem Jahr 2019. Diese verfolgt das Ziel, die Arbeitsbedingungen zu verbessern, indem eine transparente und vorhersehbare Beschäftigung gefördert und zugleich die Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarkes gewährleistet wird. Diese Richtlinie musste von den Mitgliedstaaten bis zum 31.07.2022 in nationales Recht umgesetzt werden. Nach dieser Umsetzung und der damit verbundenen Änderung des Nachweisgesetzes gibt es neue Anforderungen an die Informations- und Dokumentationspflichten des Arbeitgebers.

Bereits vor der Änderung musste der Arbeitgeber die wichtigsten Bedingungen des Arbeitsvertrages schriftlich niederlegen und dem Arbeitnehmer spätestens einen Monat nach seiner Einstellung aushändigen. Nach der Änderung hat sich die Informations- und Dokumentationspflicht erweitert, es sind neue Punkte hinzugekommen.

Stellt sich nun die Frage, welche Angaben sind notwendig?

Dies richtet sich nach wie vor nach § 2 NachwG. Folgende Informationen mussten bisher dokumentiert werden:

• Name und Anschrift der Vertragsparteien
• Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses
• Dauer des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
• Arbeitsort
• Bezeichnung oder Beschreibung der Tätigkeit
• Zusammensetzung und Höhe des Arbeitsgeldes
• Arbeitszeit
• Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs
• Kündigungsfristen
• Allgemeiner Hinweis auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anwendbar sind

Ab dem 01. August 2022 kommen folgende Informationen hinzu:

• Enddatum des Arbeitsverhältnisses bei Befristung
• Ggfs. freie Wahl des Arbeitsortes durch den Arbeitnehmer
• Sofern diese vereinbart wurde, die Dauer der Probezeit
• Die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Vergütung von Überstunden, der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts, die jeweils getrennt anzugeben sind und deren Fälligkeit sowie die Art der Auszahlung
• Die vereinbarte Arbeitszeit, vereinbarte Ruhepausen und Ruhezeiten sowie bei vereinbarter Schichtarbeit das Schichtsystem, der Schichtrhythmus und die Voraussetzungen für Schichtänderung
• Sofern vereinbart, die Möglichkeit der Anordnung von Überstunden und deren Voraussetzungen
• Ein etwaiger Anspruch auf vom Arbeitgeber bereitgestellte Fortbildung
• Wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer eine betriebliche Altersvorsorge über einen Versorgungsträger zusagt, der Name und die Anschrift dieses Versorgungsträgers; die Nachweispflicht entfällt, wenn der Versorgungsträger zu dieser Information verpflichtet ist.
• Das bei der Kündigung des Arbeitsverhältnisses vom Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuhaltende Verfahren, mindestens das Schriftformerfordernis und die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses, sowie die Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage; § 7 des Kündigungsschutzgesetzes ist auch bei einem nicht ordnungsgemäßen Nachweis der Frist zur Erhebung einer Kündigungsschutzklage anzuwenden

Muss zu all diesen Punkten etwas im Nachweis stehen?

Nur insoweit, als diese auch tatsächlich im Arbeitsverhältnis vorkommen. Sofern es zum Beispiel bei Ihnen keine Schichtarbeit gibt, muss dieser Punkt nicht erwähnt werden. Es ist zudem nicht erforderlich, dass ausdrücklich aufgenommen wird, dass keine Schichtarbeit vereinbart wurde.

Wie verhält es sich, sollten alle Bedingungen schon im Arbeitsvertrag aufgelistet worden sein. Muss dann ein separater Nachweis erstellt werden?

Gemäß § 2 Abs. 5 NachwG entfällt die Verpflichtung, sofern der Arbeitsvertrag alle erforderlichen Verpflichtungen erfüllt.

Was gilt also bei Neueinstellungen seit 01. August 2022?

Die Nachweispflichten sind bei Neueinstellung auch ohne Aufforderung zu erfüllen. Hierbei ist eine schriftliche, rechtzeitige und unterzeichnete Auflistung des Arbeitgebers ausreichend. Im Gesetz sind hierfür unterschiedliche Fristen geregelt, wobei bereits die wichtigsten am ersten Arbeitstag vorliegen müssen.

Name und Anschrift der Vertragsparteien, Angaben zum

Arbeitsentgelt und zur Arbeitszeit                                                 

spätestens am ersten Arbeitstag

Datum des Beginns, Angaben zur Befristung, zum Arbeitsort,

Beschreibung der Tätigkeit, Dauer einer Probezeit                        

spätestens am 7. Kalendertag nach Beginn des Arbeitsverhältnisses

Übrigen notwendigen Angaben nach dem Nachweisgesetz                                

spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses

Bedeutet das Schriftformerfordernis, dass Verträge nur noch schriftlich geschlossen werden können?

Der Arbeitsvertrag ist von dem Nachweis über die Arbeitsbedingungen zu trennen. So bleibt der Abschluss eines Arbeitsvertrages auch weiterhin formfrei, er kann also auch mündlich geschlossen werden. Der Nachweis fungiert als schriftliche Mitteilung über die geltenden Arbeitsbedingungen, soll jedoch nicht den Vertragsabschluss ersetzen. Diese Mitteilung ist nicht auf einen Vertragsabschluss gerichtet, sondern stellt lediglich eine Wissenserklärung des Arbeitgebers dar. Da der Nachweis kein Vertrag ist, muss er nur vom erklärenden Arbeitgeber unterschrieben werden und nicht auch vom Arbeitnehmer.

Ist ein Nachweis auch in elektronischer Form zulässig?

Zwar hätte entsprechend der europäischen Richtlinie die Möglichkeit bestanden, den Nachweis auch in elektronischer Form zuzulassen. Hiervon hat der deutsche Gesetzgeber jedoch keinen Gebrauch gemacht. Die elektronische Form ist somit ausgeschlossen.

Was bedeutet die Neuregelung für bereits bestehende Arbeitsverhältnisse, also Beschäftigte, die vor dem 01. August eingestellt wurden?

Der Arbeitgeber muss seine Beschäftigten nur über ihre wesentlichen Arbeitsbedingungen unterrichten, soweit dieser durch den Arbeitnehmer dazu aufgefordert wird. Diese Unterrichtung muss schriftlich und unterzeichnet sein. Zudem gilt eine Frist von sieben Tagen ab Zugang der Aufforderung. Ausgenommen sind hier Informationen über den Urlaub, die betriebliche Altersvorsorge, die Fortbildung, das Kündigungsverfahren und geltende Betriebsvereinbarungen. Diese müssen spätestens innerhalb eines Monats bereitgestellt werden. Sollten länger beschäftigte Arbeitnehmer keinen Nachweis verlangen, muss ein solcher nicht erstellt werden.

Name und Anschrift der Vertragsparteien, Angaben zum Arbeitsentgelt,

zur Arbeitszeit, Datum des Beginns, Angaben zur Befristung, zum Arbeitsort,

Beschreibung der Tätigkeit, Dauer einer Probezeit                                                              

spätestens am 7. Kalendertag nach Zugang der Aufforderung

Übrigen notwendigen Angaben nach dem Nachweisgesetz                                                

spätestens einen Monat nach Zugang der Aufforderung

Was ändert sich außerdem?

Die neuen Pflichten gelten bei Neueinstellungen ab dem 01. August. Im Gegensatz zu der vorherigen Regelung muss der Arbeitgeber bereits am ersten Arbeitstag dem Arbeitnehmer die Niederschrift mit den Informationen über Namen und Anschrift der Vertragsparteien, das Arbeitsentgelt und seine Zusammensetzung und die Arbeitszeit vorlegen. Die übrigen Nachweise müssen spätestens in sieben Kalendertagen nachgereicht werden.

Sofern sich wesentliche Arbeitsbedingungen in bestehenden Arbeitsverhältnissen ändern, muss der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer spätestens am Tag der Änderung darüber informiert haben. Unverändert bleibt, dass Gesetzesänderungen oder Änderungen in Tarifverträgen oder Betriebs- oder Dienstvereinbarungen nicht schriftlich angezeigt werden müssen.

Außerdem ist neu hinzugekommen, dass bei Verstößen – wer also den Nachweis nicht oder nicht richtig aushändigt – ein Bußgeld in Höhe von bis zu 2.000 € verhängt werden kann. Inwieweit die Behörden durchgreifen und ob der Bußgeldrahmen in voller Höhe ausgeschöpft wird, bleibt abzuwarten.

Fazit:

Sofern Sie sich als Arbeitgeber noch nicht mit der Umsetzung befasst haben, sollten Sie dies schnellstmöglich tun. Sofern Sie mit Musterarbeitsverträgen arbeiten, sollten diese um die neuen Regelungen ergänzt werden.

In Bezug auf die Beschäftigten, die bereits vor dem 1. August im Betrieb beschäftigt waren, sollte Sie überlegen, für welche Arbeitnehmergruppe eventuelle Standardschreiben mit dem ergänzenden Hinweisen verfasst werden können. Dies ist allerdings nur möglich sofern tatsächlich identische Arbeitsbedingungen bestehen.

Sie sollten sich auf Nachfragen Ihrer Arbeitnehmer einstellen.

Zudem kann es Sinn machen, sofern ein Betriebsrat eingerichtet ist, allgemeine Bedingungen, wie

  • Arbeitszeit
  • betriebliche Altersvorsorge
  • Schichtsystem oder Ähnliches

in Betriebsvereinbarungen zu regeln, auf welche Sie in den Arbeitsverträgen Bezug nehmen können.

Sollten Sie Fragen haben, unsicher bei der Formulierung von Verträgen oder den Nachweisen (sei es für Beschäftigte bei Neueinstellung oder für länger Beschäftigte) sein, kommen Sie gern auf uns zu. Wir erarbeiten mit Ihnen eine passgenaue Lösung.


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