Im Zusammenhang mit dem Coronavirus sind zahlreiche Konstellationen denkbar, in denen Arbeitnehmer* nicht im Betrieb arbeiten können und bei denen sich die Frage stellt, ob und wieweit der Arbeitgeber zur Lohnfortzahlung verpflichtet ist.

Dabei wird nicht nur zwischen geimpften und ungeimpften Arbeitnehmern unterschieden, sondern auch zwischen symptomatischen und asymptomatischen Krankheitsverläufen. Warum für die Beurteilung auch die Religion und das Urlaubsziel des Arbeitnehmers eine Rolle spielen, erfahren sie in der folgen Übersicht der aktuellen Rechtslage.

*Gemeint sind Beschäftigte jeder Geschlechtsidentität. Lediglich zum Zwecke der leichteren Lesbarkeit wird künftig bei allen Bezeichnungen nur noch die grammatikalisch männliche Form verwendet.

Infiziert ist nicht gleich krank

Grundsätzlich haben Arbeitnehmer die durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert werden, ohne das sie ein Verschulden trifft, nach § 3 Abs. 1 des Entgeltfortzahlungsgesetzes (EntgFG) Anspruch auf Entgeltfortzahlung durch den Arbeitgeber.

Hier liegt im Falle von Covid19 das erste Problem, schließlich ist „krank“ nicht gleich „krank“. Viele Covid19 Infektionen verlaufen mild oder sogar komplett symptomfrei, der Betroffene merkt teilweise noch nicht einmal, dass er überhaupt infiziert ist.

§ 3 EntgFG stellt aber auf einer Erkrankung ab, die zur Arbeitsunfähigkeit führt und den Arbeitnehmer somit aufgrund der mit der Erkrankung verbundenen Symptomatik daran hindert die Arbeitsleistung zu erbringen.

Liegt also ein symptomloser Verlauf vor, der den Arbeitnehmer unter normalen Umständen nicht daran gehindert hätte seine Arbeitsleistung zu erbringen, ist § 3 EntgFG nicht anwendbar.

Ist der Arbeitnehmer tatsächlich symptomatisch an Covid19 erkrankt, ist er auch „krank“ im Sinne des § 3 Abs. 1 EntgFG und kann seinen Arbeitnehmer auf Lohnfortzahlung in Anspruch nehmen.

Müssen asymptomatische Covid19-Infizierte somit auf jeglichen Lohnfortzahlungsanspruch verzichten? Nein! In solchen Fällen gilt nämlich § 56 Abs. 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG).

Danach gilt jemand ohne Corona-Symptome aber mit positivem Corona-Test als Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern im Sinne der Vorschrift die einem Arbeitsverbot unterliegen (Quarantänepficht). Sie haben Anspruch auf Entschädigung. Die Entschädigung bemisst sich dabei nach dem Verdienstausfall. Somit handelt es sich auch um eine Form der Lohnfortzahlung.

Der Anspruch soll aber bereits seinem Wortlaut nach nur dann eingreifen, wenn der Verdienst kausal aufgrund einer infektionsschutzrechtlichen Maßnahmen („Verbot“) entfällt. Diese Maßnahme ist meist eine auf eine nachgewiesene Infektion folgende Quarantäneanordnung des zuständigen Gesundheitsamtes.

Bei Arbeitnehmern hat der Arbeitgeber für die Dauer des Arbeitsverhältnisses, längstens für sechs Wochen, die Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen, § 56 Abs. 6 IfSG. Die ausgezahlten Beträge werden dem Arbeitgeber auf Antrag von der zuständigen Behörde erstattet. Im Übrigen wird die Entschädigung von der zuständigen Behörde auf Antrag gewährt. Da eine Corona Infektion und die damit verbundene Quarantäneanordnung aber nur in Ausnahmefällen die sechs Wochen Frist übersteigen wird, bleibt es zumeist bei einem Anspruch gegenüber dem Arbeitgeber.

Dabei bleibt es bei den Fälligkeitsvereinbarungen hinsichtlich des regulären Arbeitsentgeltes. Sonstige Entschädigungsberechtigte können die Entschädigung jeweils zum Ersten eines Monats für den abgelaufenen Monat verlangen.

Lohnfortzahlung auch bei „bloßer“ Quarantäne?

Eine in der Corona-Pandemie vermehrt aufkommende, aber durchaus nicht ganz neue Frage (z.B. Quarantäne bei Masern) ist, wie es sich mit der Lohnfortzahlung aufgrund einer Quarantäne verhält, wenn der Betroffene gar nicht selbst erkrankt ist. Hierbei kann es durchaus eine Rolle spielen, ob der Arbeitnehmer gegen Covid19 geimpft wurde, oder nicht.

Rechtsgrundlage für eine Quarantäneanordnung sind die Regelungen in §§ 28 ff. IfSG. Danach kann die zuständige Behörde insbesondere Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheiderverpflichten verpflichten, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu verlassen oder von ihr bestimmte Orte oder öffentliche Orte nicht oder nur unter bestimmten Bedingungen zu betreten.

Die zuständige Behörde kann weiterhin Kranken, Krankheitsverdächtigen, Ansteckungsverdächtigen und Ausscheidern die Ausübung bestimmter beruflicher Tätigkeiten ganz oder teilweise untersagen, § 31 S. 1 IfSG.

Wenn dem Arbeitnehmer durch eine Quarantäneanordnung verboten wird die Wohnung zu verlassen, wird ihm die Erbringung seiner Arbeitsleistung, sofern er sie anderswo zu erbringen hat, unmöglich gemacht. Es handelt sich dabei um einen Fall der sogenannten rechtlichen Unmöglichkeit.

Eine Quarantäne bedingt aber nicht zwangsläufig eine Unmöglichkeit der Arbeitsleistung. Eine unmittelbare Unmöglichkeit ist nur dann gegeben, wenn die betroffene Person ihre Wohnung verlassen muss, um die arbeitsvertraglich geschuldete Leistung zu erbringen. So kann die Arbeit häufig, sofern die Erkrankung und die Gegebenheiten es zulassen, auch im Homeoffice fortgesetzt werden.

Liegt Unmöglichkeit vor, entfällt für den Arbeitgeber grundsätzlich nach § 326 Abs. 1 BGB die Vergütungspflicht. Im Arbeitsverhältnis gilt der Grundsatz

„Ohne Arbeit kein Lohn“

wenn nicht besondere Tatbestände auch in diesem Fall eine Vergütungspflicht vorsehen.

Zu diesen besonderen Tatbeständen zählt grundsätzlich die Regelung in § 3 EntgFG, wonach im Fall der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit die Vergütungspflicht bestehen bleibt.

Wer arbeitsunfähig erkrankt ist und sich zusätzlich dazu in Quarantäne befindet, ist zur Arbeitsleistung auch unabhängig von dem Verbot die Wohnung nicht verlassen zu dürfen, nicht imstande.

Wie bereits festgestellt, ist § 3 EntgFG aber nur dann anwendbar, wenn der Betroffene symptomatisch erkrankt und deshalb arbeitsunfähig ist. Eine Quarantäne alleine ist aber keine Krankheit, insofern verbietet sich bei „bloßer“ Quarantäneanordnung eine Anwendung der Vorschrift.

Für den Fall, dass eine Quarantäne also unabhängig von einer tatsächlichen Erkrankung angeordnet wird, ist vielmehr § 616 BGB maßgeblich, der den Vergütungsfortsetzungsanspruch im Dienstvertragsrecht regelt, aber auf die Entgeldfortzahlung des Arbeitnehmers anwendbar ist.

Für die Anwendung bedarf es eines unverschuldeten, persönlichen Leistungshindernisses hinsichtlich der Erbringung der Arbeitsleistung. Dieses darf dabei nur für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit bestehen. Liegen diese Voraussetzungen vor, behält der zur Dienstleistung Verpflichtete seinen Anspruch auf die Vergütung.

Im Falle einer Quarantäne besteht ein personenbezogener Gefahrenverdacht aufgrund dessen der konkreten krankheitsverdächtigen Person verboten wird die Wohnung zu verlassen. Dies stellt ein persönliches Leistungshindernis dar.

Problematischer ist hier schon die Beurteilung, was eine „verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“ ist, in der der Verpflichtete seine Leistung nicht erbringen kann oder darf. Eine generalisierende Festlegung auf eine feste Anzahl von Tagen ist hier nicht möglich. Die Höchstdauer kann zwischen 10 und 14 Tage betragen.

Zunächst soll nur auf die „Isolierungsdauer“ eingegangen werden, also die Zeit, die ein Covid19-Infizierter in Quarantäne bleiben muss

Das stellt im Rahmen von Corona insofern ein Problem dar, weil bei bestimmten Virusvarianten eine Quarantänedauer von 14 Tagen vorgesehen ist.

Nach den aktuell geltenden Regelungen beträgt die Dauer der häuslichen Quarantäne 10 Tage. Frühestens am Tag 7 kann ein zertifizierter Antigen-Schnelltest oder PCR-Test durchgeführt werden. Mit einem negativen Testnachweis kann die Quarantäne nach dem 7. Tag beendet werden. Eine Verkürzung der Quarantänezeit durch „Freitesten“ ist aber nicht immer möglich. Der Anspruch könnte aber in den meisten Fällen die gesamte Quarantänezeit umfassen.

Insgesamt sind für die Festlegung einer solchen Zeitspanne mehrere Faktoren maßgeblich und es ist immer eine Einzelfallentscheidung zu treffen. So spielt es zum Beispiel eine Rolle, wie lange der von der Quarantäneanordnung Betroffene schon beim Arbeitgeber beschäftigt ist und wie lange im Verhältnis dazu die Ausfallzeit dauert.

Weiterhin muss auch für Teilzeitbeschäftigte, die nur an einzelnen Wochentagen arbeiten, etwas anderes gelten. Zuletzt ist auch relevant, ob ein Arbeitnehmer mehrfach hintereinander in Quarantäne muss. Auch eine mögliche Arbeit im Homeoffice wäre hier zu berücksichtigen.

Andere Regeln für Ungeimpfte?

Eine Frage die sich in diesem Zusammenhang stellt ist, ob das gleiche auch für Personen gilt, die als ungeimpfte Kontaktperson in Quarantäne müssen. Gemäß der Bund-Länder-Beschlüsse vom 7. und 24. Januar 2022 sind vollständig geimpfte, geboosterte, und genesene Personen von dieser Quarantänepflicht für Kontaktpersonen befreit.

Für ungeimpfte bzw. unzureichend Geimpfte Personen gilt somit eine grundsätzliche Quarantänepflicht bei Kontakt mit Infizierten.

Im Rahmen von § 616 BGB gilt zunächst weiterhin das Oben Gesagte, allerdings stellt sich bei Personen die auf eine Impfung verzichtet haben die Frage, ob sie ein Verschulden an der Quarantäne trifft.

Nach § 616 BGB wird ein Arbeitnehmer seinem Anspruch auf Lohnfortzahlung nämlich nur dann nicht verlustig, wenn er die Verhinderung der Leistungserbringung nicht zu verschulden hat.

Das negative Verschuldenserfordernis entspricht dabei weitgehend demjenigen im Entgeltfortzahlungsrecht nach § 3 EntgFG. Sämtliche Entgeltfortzahlungsregelungen sind insofern in der Weise auszulegen, dass der Rechtsgedanke des Mitverschuldens nach § 254 BGB und damit verbunden der Gedanke des venire contra factum proprium zu berücksichtigen sind. Danach kann sich jemand nicht auf das berufen kann, was im Gegensatz zu seinem eigenen früheren Verhalten steht. So könnte es unbillig sein, sich aus „egoistischen“ Motiven nicht impfen lassen zu wollen, aber im Fall der Quarantäne weiterhin Entgeltforzahlung vom Arbeitgeber zu beanspruchen.

Für ein Verschulden bedarf es in diesem Zusammenhang eines groben Verstoßes gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten, dessen Folgen auf den Arbeitgeber abzuwälzen unbillig wäre.

Lässt sich nun die Verweigerung einer Impfung gegen Corona bereits als ein solcher grober Verstoß bewerten? Grundsätzlich handelt es sich bei der Frage, ob man sich impfen lässt um eine persönliche Entscheidung.

Als Maßstab für das Verschulden wird dabei häufig auf § 56 Abs. 1 S. 3, 4 IfSG verwiesen. Danach kann derjenige keine Entschädigung erhalten, wer durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung, die gesetzlich vorgeschrieben ist oder im Bereich des gewöhnlichen Aufenthaltsorts des Betroffenen öffentlich empfohlen wurde, ein Verbot in der Ausübung seiner bisherigen Tätigkeit oder eine Absonderung hätte vermeiden können.

Eine Frage der Kausalität?

Da eine Corona-Impfung eine Infektion nicht immer verhindern kann muss sich die Frage stellen, ob es noch ein Verschulden darstellen kann sich nicht impfen zu lassen. Hierbei ist wiederum zu differenzieren zwischen einer Quarantäne aufgrund einer Corona-Infektion und einer Quarantäne als Kontaktperson.

Wenn davon ausgegangen werden sollte, dass sich auch viele geimpfte Menschen mit Covid 19 infizieren, so zum Beispiel bei der aktuellen Omikron-Variante, dürfte es keinen Unterschied machen, ob man als ungeimpfter oder geimpfter Infizierter in Quarantäne muss. Insofern lässt sich in einem solchen Fall schwerlich ein Verschulden für eine Infektion annehmen.

Etwas anderes könnte aber für die Quarantäne von Kontaktpersonen ohne Infektion gelten, schließlich hätte diese Quarantäne ggfs. mit einer Impfung verhindert werden können.

Bestand eine medizinische Kontraindikation hinsichtlich der Impfung oder wird die Impfung aus anderen berechtigten Gründen nicht vorgenommen (z.B. Schwangerschaft), lässt sich selbstverständlich nicht mehr von einem Verschulden sprechen.

Im Ergebnis dürfte aber gelten: kein Anspruch auf Entgeltfortzahlung, wenn die Quarantäne durch Inanspruchnahme einer Schutzimpfung hätte vermieden werden können.

Risikogebiet und Sommerurlaub

Ein weiterer Faktor der für das Verschulden der Quarantäne eine Rolle spielen kann, ist ein vorheriger Aufenthalt in einem Corona-Risikogebiet. Personen, die sich in einem Risikogebiet aufgehalten haben, müssen sich grundsätzlich direkt nach Ankunft nach Hause – oder in eine sonstige Beherbergung am Zielort – begeben und zehn Tage lang absondern (häusliche Quarantäne). Die häusliche Quarantäne kann vorzeitig beendet werden, wenn ein Genesenennachweis, ein Impfnachweis oder ein negativer Testnachweis übermittelt wird.

Hier besteht insofern kein Unterschied zwischen geimpften und ungeimpften Personen, da sich auch ungeimpfte Personen freitesten können.

Etwas anderes gilt aber bereits bei sogenannten Hochrisikogebieten. Hier kann eine Testung frühestens fünf Tage nach Einreise vorgenommen werden, während Geimpfte und Genesene erst gar nicht in Quarantäne müssen.

Eine Ausnahme von der Quarantänepflicht für vollständig geimpfte Personen nach Voraufenthalt besteht aber nicht nach der Einreise aus einem Virusvariantengebiet. Bei Voraufenthalt in einem Virusvariantengebiet beträgt die Absonderungszeit vierzehn Tage.

Die Einstufung von Risikogebieten kann sich kurzfristig ändern. Insofern ist es für das Verschulden maßgeblich, ob das Reisegebiet schon vorher als (Hoch)Risikogebiet oder Variantengebiet ausgeschrieben war. Ist dies der Fall, trifft den Arbeitnehmer ein Verschulden, wenn er trotzdem eine Reise in das Gebiet antritt und somit eine Quarantäne bei seiner Rückkehr riskiert. Handelt es sich dabei um eine „vermeidbare“ (z.B. touristische) Reise, nimmt der Arbeitnehmer bewusst ein Risiko in Kauf.

Muss er daraufhin tatsächlich in Quarantäne, verliert er seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung. Wiederum ist hier aber im Einzelfall zu entscheiden. Entscheidend ist, ob es sich um einen Fall von gefahrerhöhenden Verhalten handelt, das der Arbeitgeber nicht zu verantworten hat, oder um allgemeines Risiko, das in die Sphäre des Arbeitgebers fällt.

So sieht auch § 56 Abs. 1, S. 3, 4 IfSG als Verschuldensmaßstab explizit vor, dass ein Anspruch auf Entschädigung zu verwehren ist, wenn durch Nichtantritt einer vermeidbaren Reise in ein bereits zum Zeitpunkt der Abreise eingestuftes Risikogebiet eine Absonderung hätte verhindert werden können. Eine Reise ist im Sinne des Satzes 4 vermeidbar, wenn zum Zeitpunkt der Abreise keine zwingenden und unaufschiebbaren Gründe für die Reise vorlagen.

Ein Verschulden hinsichtlich einer tatsächlichen Infektion kann nur angenommen werden, wenn die Infektion nachweislich im Risikogebiet erfolgte. Dies wäre etwa der Fall, wenn der Arbeitnehmer bei Reiseantritt gesund war und er unmittelbar nach seiner Rückkehr durch einen Corona-Schnelltest von seiner Infektion Kenntnis erlangt. Im Übrigen gelten jedoch die allgemeinen Grundsätze, wonach das Risiko der Unaufklärbarkeit der Krankheitsursache beim Arbeitgeber liegt.

§ 616 BGB vertraglich ausgeschlossen?

Zuletzt gilt zu überprüfen, ob der Arbeitsvertrag einen Ausschluss des § 616 BGB vorsieht. Die Bestimmung des § 616 BGB ist – anders als die meisten arbeitsrechtlichen Regelungen – nämlich vollständig abdingbar. Der Anspruch kann dabei beschränkt und sogar vollständig ausgeschlossen werden. Möglich ist dies sowohl durch Arbeitsvertrag als auch Tarifvertrag, im Rahmen des § 77 Abs. 3 BetrVG auch durch Betriebsvereinbarung.

Krank in der Quarantäne?

Was passiert, wenn jemand aufgrund einer Covid19 Erkrankung arbeitsunfähig ist und zusätzlich dazu eine Quarantäneanordnung erhält. Einige Arbeitgeber haben versucht auf einen Entschädigungsanspruch nach dem IfSG gegen die Gesundheitsbehörden zu verweisen um nach § 3 EntgFG nicht selbst für die Entgeltfortzahlung aufkommen zu müssen. In solchen Fällen wurde den erkrankten Arbeitnehmern teils die Entgeldfortzahlung verwehrt und darauf verwiesen sie sollen sich an die Gesundheitsbehörden halten, die im Quarantänefall nach § 56 Abs. 1 IfSG für die Zahlungen zuständig wären.

Dass dies zumindest für die ersten 6 Wochen der Quarantäne unzulässig ist, wurde bereits zu Beginn dieses Beitrags geklärt. In dieser Zeit hat der Arbeitgeber den Lohn ohnehin für die Behörden an den Arbeitnehmer auszuzahlen.

Entschieden werden musste aber die Frage, ob sich Arbeitgeber in der Folge bei den Gesundheitsbehörden „schadlos“ halten dürfen bzw. nach Ablauf von 6 Wochen die Zahlung an den Arbeitgeber verweigern können und diesen dann an die Behörden verweisen dürfen.

Die Antwort der Gerichte lautet bislang: Nein!

(ArbG Aachen, Urt. v. 11.3.2021 – 1 Ca 3196/20; VG Oldenburg, Urteil vom 26.04.2021 – 7 A 1497/21)

Bei Überschneidung eines Anspruchs auf Entgeltfortzahlung nach § 3 Abs. 1 EntgFG wegen bestehender Arbeitsunfähigkeit und eines Anspruchs auf Zahlung einer Entschädigung nach § 56 Abs. 1 IfSG wegen zeitgleich rückwirkend angeordneter Quarantäne, kann der Arbeitnehmer den Arbeitgeber in voller Höhe in Anspruch nehmen. Dieser kann sich dabei nicht auf § 56 Abs. 1 IfSG berufen und sich den gezahlten Lohn auch später nicht „zurückholen“.

§ 56 IfSG sei als Billigkeitsentscheidung subsidiär gegenüber anderen Lohnfortzahlungspflichten des Arbeitgebers. Ein Entschädigungsanspruch komme nur dann in Betracht, wenn der Verdienstausfall des Mitarbeiters einen unerheblichen Zeitraum überschreite. Ein solcher „Verdienstausfall“ im Sinne des § 56 Abs. 1 IfSG liege aber schon dann nicht vor, wenn der Arbeitgeber gemäß § 616 BGB zur Lohnfortzahlung an seine Angestellten verpflichtet ist. § 616 BGB regelt gerade, dass der Lohanspruch bestehen bleibt und nicht „ausfällt“.

Entscheidend ist dabei die zeitliche Ebene: Ist der Arbeitnehmer bereits zum Zeitpunkt der Absonderung an Covid19 arbeitsunfähig erkrankt (Krankheitssymptome reichen meist aus) und nicht lediglich krankheitsverdächtig, ist die Arbeitsverhinderung monokausal auf die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit zurückzuführen, dann hat der Arbeitnehmer allein einen Anspruch nach § 3 EntgFG gegen den Arbeitgeber.

Muss aber jemand als Kontaktperson oder Urlaubsrückkehrer in Quarantäne, und erkrankt erst später bis zur Arbeitsunfähigkeit an Covid19, hat er dem Grunde nach zunächst einen Anspruch nach § 56 Abs. 1 IfSG. Diesen kann er gegenüber dem Arbeitgeber geltend machen. Hierbei ist dann erneut zu prüfen, ob nicht ohnehin ein Anspruch gem. § 616 BGB gegen den Arbeitgeber besteht, der den Anspruch nach dem IfSG entfallen lassen würde.

Hierbei wäre dann erneut die Verschuldensfrage zu beantworten und zu überprüfen, ob eine Quarantäne durch eine Impfung hätte vermieden werden können.

Auch schwangere Frauen können im Falle einer Corona Erkrankung einem Beschäftigungsverbot gem. § 16 Abs. 1 Mutterschutzgesetz (MuSchG) unterliegen. Als Kompensation sieht § 18 MuSchG dabei einen Anspruch auf Zahlung von Mutterschutzlohn vor. Allerdings soll auch dieser Anspruch nur subsidiär gegenüber einem Anspruch nach § 3 EntgFG sein. So sollen sowohl der Anspruch auf Mutterschutzlohn, als auch der Anspruch auf Entschädigung nach dem IfSG eine Schutzlücke beim Betroffenen zu vermeiden. Beide Ansprüche sollen nur dann eingreifen, wenn eine tatsächliche Arbeitsunfähigkeit nicht besteht.

Für weitergehende Informationen zu diesem Thema wenden Sie sich bitte Rechtsanwalt Stephan Kersten. Mehr zu diesem Thema finden Sie auch unter: https://www.anwalt.de/rechtstipps/lohnfortzahlung-in-coronazeiten-198078.html