Vertragsrecht

Das Vertragsrecht ist Teil des Zivilrechts und umfasst allgemeine Regelungen, die unabhängig vom Vertragstypus wirken. Es beschäftigt sich mit dem Zustandekommen von Verträgen und deren Wirksamkeit. Ein Vertrag ist das Übereinkommen zweier oder mehrerer Personen mit dem Ziel, eine Rechtsfolge herbeizuführen.


Zustandekommen eines Vertrages

Es wird beim Zustandekommen von Schuldverhältnissen zwischen einseitigen und zweiseitigen Rechtsgeschäften unterschieden.
Ein einseitiges Rechtsgeschäft beschreibt ein solches Rechtsgeschäft, das nur die Willenserklärung einer Person voraussetzt, so zum Beispiel die Errichtung eines Testaments. Da es hier an einer Einigung zweier Personen fehlt, ist ein einseitiges Rechtsgeschäft kein Vertrag.


Ein Vertrag kommt durch Einigung zustande. Unterbreitet ein Teil ein Angebot und erklärt der andere Teil die Annahme, ist ein Vertrag zustande gekommen. Das Bestehen eines Vertrages begründet jedoch noch keine Rechte und Pflichten. Das deutsche Rechtssystem unterscheidet nämlich zwischen dem bloßen Zustandekommen eines Vertrages und dessen Wirksamkeit. Die Vertragsgestaltung unterliegt in allen Bereichen den allgemeinen Regeln des Bürgerlichen Gesetzbuches.

Mögliche Wirksamkeitshindernisse:


•    (beschränkte) Geschäftsunfähigkeit
•    Formerfordernisse
•    Gesetzliche Verbote
•    Sittenwidrigkeit
•    Willensmängel

Geschäftsfähigkeit

Das Bürgerliche Gesetzbuch unterscheidet zwischen mehreren Stufen der Geschäftsfähigkeit: Von der vollen über die beschränkte Geschäftsfähigkeit bis hin zur Geschäftsunfähigkeit. Voll Geschäftsfähig ist jede Person, die volljährig, also über 18 Jahre alt ist.
Es darf von der nötigen geistigen Reife und Erfahrung eines volljährigen Menschen ausgegangen werden, um eigene Verträge zu schließen und gestalten. Beschränkt geschäftsfähig ist jede minderjährige Person, die das siebente Lebensjahr vollendet hat.
Das Bürgerliche Gesetzbuch bezweckt in diesem Bereich den Schutz des Minderjährigen vor nachteiligen Rechtsgeschäften.
So darf der beschränkt Geschäftsfähige keine Rechtgeschäfte ohne die Genehmigung eines gesetzlichen Vertreters tätigen, die nicht nur vorteilhaft sind, ihn also in einer Weise verpflichten. Auch ein besonders preisgünstiger Kauf ist nicht lediglich von Vorteil, da mit Ihm die Pflicht zur Entrichtung eines Kaufpreises verbunden ist.

Eine Schenkung an den beschränkt Geschäftsfähigen hingegen bedarf in der Regel keiner Zustimmung eines gesetzlichen Vertreters, da er durch sie keinen Nachteil, sondern meist nur einen Vorteil erfährt. Ausnahmen gelten, wenn durch die Schenkung unmittelbare Verpflichtungen entstehen oder wenn sie gesetzlich bestimmt ist. So dürfen nach dem Tierschutzgesetz Wirbeltiere an Minderjährige unter 16 Jahren nicht ohne die Einwilligung des gesetzlichen Vertreters abgegeben werden.


Geschäftsunfähige Personen sind nicht eigenständig in der Lage, irgendein Rechtsgeschäft zu tätigen. Ihre Willenserklärungen sind nichtig. Hierzu zählen Menschen unter sieben Jahren und Personen, die nicht in der Lage sind, etwa auf Grund einer geistigen Störung oder Trunkenheit, eine freie Willensbildung zu fassen.


Formerfordernisse

Rechtsgeschäfte sind grundsätzlich formlos wirksam. Das Gesetz schreibt jedoch in vielen Fällen eine bestimmte Form vor, wenn es sich um besonders bedeutende Rechtsgeschäfte handelt. Die Schriftform soll ein zu überwindendes Hindernis darstellen und die Parteien vor übereilten Vertragsschlüssen schützen. Oft dient es außerdem der Klarheit des Rechtsverkehrs. Es ist möglich, dass Vertragsparteien für weitere Abreden, für die das Gesetz selbst keine Form vorsieht, eine Form vereinbaren.

Wird die Form, ob vereinbart oder gesetzlich vorgeschrieben, nicht eingehalten, ist das Rechtsgeschäft grundsätzlich nichtig. In Ausnahmefällen ist eine Heilung des Formmangels bestimmt, so zum Beispiel beim Kaufvertrag über ein Grundstück, der der notariellen Beurkundung bedarf. Fehlt es an der notariellen Beurkundung, steht dieser Mangel der Wirksamkeit jedoch nicht mehr im Wege, wenn die Auflassung und Eintragung ins Grundbuch erfolgt ist.

Auch für ein Schenkungsversprechen ist die notarielle Beurkundung vorausgesetzt. Sie wird jedoch unerheblich, wenn die tatsächliche Schenkung erfolgt (vollzogen) ist.


Gesetzliche Verbote und Sittenwidrigkeit

Rechtsgeschäfte, die gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen oder sittenwidrig sind, sind nichtig.
Das Gesetz trifft verschiedene Bestimmungen, die Einfluss auf die Vertragsgestaltung nehmen und für einige Vertragstypen teilweise Inhalte festlegen oder untersagen. Beispielsweise sind Verträge über in Deutschland nicht zugelassene Arzneimittel und ärztliche Behandlungen oder ein Kaufvertrag über verbotene Rauschmittel nichtig.
Der Begriff der guten Sitten richtet sich nach dem Anstandsgefühl eines durchschnittlichen gerecht denkenden und moralischen Menschen. Zahlreiche kulturelle Umstände und gesetzliche Regelungen nehmen Einfluss auf die Bestimmung der guten Sitte.

Willensmängel

Da eine Willenserklärung nicht von Computern vorprogrammiert, sondern von Menschen abgegeben werden, kann es zu Irrtümern und somit Missverständnissen zwischen Vertragsparteien kommen.


Es werden verschiedene Arten von Willensmängeln unterschieden:
•    Irrtum über Umstände und Motive, die zur Willenserklärung bewegen
•    Abweichen von Gesagtem und Gemeintem, Beispiel: Das bloße sich-Versprechen
•    Irrtum darüber, mit eigenem Handeln überhaupt eine Erklärung abgegeben zu haben

Die Anfechtung der Willenserklärung ermöglicht dem Anfechtenden, von ungewollten Verpflichtungen loszukommen. Sie hat zur Folge, dass die abgegebene Willenserklärung nichtig ist und der Vertrag rückwirkend aufgelöst wird. Da die Ursache für den Willensmangel meist beim Erklärenden liegt, folgt hieraus eine Ersatzpflicht für einen eventuell entstehenden Schaden, den der andere Teil dadurch erleidet, dass er auf das Bestehen des Schuldverhältnisses vertraut hat. Bei einer Anfechtung der eigenen Willenserklärung wegen arglistiger Täuschung oder gar widerrechtlicher Drohung der anderen Vertragspartei entfällt die Schadensersatzpflicht.


Wirksamkeit allgemeiner Geschäftsbedingungen (AGB)


Sofern sich die Vertragsparteien im Rahmen des Gesetzes halten, steht ihnen die Gestaltung des Vertrages frei. Sollen zahlreiche Verträge gleicher Art abgeschlossen werden, die für mehrere potenzielle Vertragspartner die gleichen Vertragsvoraussetzungen beinhalten, werden meist allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) vorformuliert.
Oft stellt sich allerdings die Frage der Wirksamkeit der AGB, wenn sie für eine Vertragspartei äußerst nachteilig erscheinen oder gar unübliche Klauseln enthalten.


Das BGB setzt strikte Bedingungen an AGB:


AGB werden Bestandteil des Vertrages. Sie müssen unter Vorlage bzw. Möglichkeit der Kenntnisnahme durch die andere Partei als solche kenntlich gemacht werden.

Des Weiteren dürfen sie keine überraschenden Klauseln enthalten, die derart ungewöhnlich sind, dass der potenzielle Vertragspartner eigentlich nicht mit ihnen rechnen müsste oder ihn nach Interessenabwägung zwischen ihm und dem Anwender der AGB in unangemessener Weise benachteiligen würden.

Die §§ 318 f. BGB zählen eine Reihe von Klauselverboten auf, betreffend unangemessen langer Fristsetzungen, Rücktrittsvorbehalte ohne Vorlage eines Rechtsgrundes, Aufrechnungsverbote, Vereinbarung von Vertragsstrafen, Haftungsausschlüsse bei Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und mehr.
Werden im Vertrag abweichend von den AGB Individualabreden getroffen, haben diese stets Vorrang.

Die Stellvertretung


Soll ein Vertrag geschlossen werden, ist es einem Teil jedoch nicht möglich persönlich in der Sache tätig zu werden, so kann dieser einen Stellvertreter einsetzen.
Der Stellvertreter gibt an des Vertretenen statt eine Willenserklärung ab. Diese Willenserklärung ist dergestalt, dass die Rechte und Pflichten, die sich aus einem folgenden Vertrag ergeben, nicht den vertragschließenden Stellvertreter, sondern den Vertretenen treffen sollen.
Da die Rechte und Pflichten nicht den handelnden Vertreter treffen sollen, steht es der Wirksamkeit des Vertrages nicht entgegen, wenn der Stellvertreter beschränkt geschäftsfähig ist. Er zieht aus dem Rechtgeschäft selbst keinen Nachteil.
Mögliche Probleme können auftreten, wenn der Stellvertreter sich irrt, keine Auskunft darüber gibt, dass er im Namen eines anderen handelt oder gar seine Vertretungsmacht überschreitet und einen Vertrag schließt, an dem der Vertretene eigentlich kein Interesse hat.

Verletzung vertraglicher Pflichten

Nicht zuletzt behandelt das Vertragsrecht die Folgen einer Vertragsverletzung, wie die Nichtleistung, Schlechtleistung, die Leistungsverzögerung oder die Verletzung von Nebenpflichten.
In den meisten Fällen steht dem Geschädigten ein Anspruch auf Nacherfüllung oder Preisminderung nebst dem Ersatz eines eventuell entstandenen Schadens zu. Sollte sich eine Vertragspartei weiterhin als unzuverlässig erweisen, bewirkt der Rücktritt eine Rückabwicklung bereits erbrachter Leistungen.